Herrn Levermanns Partybedarf: wir feiern Geburtstag mit Orden Ogan, Angus McSix und All for Metal
/31.01.2025 Backstage München
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Eine Vorratspackung deutschen Power Metals vom Feinsten: wenn mit Orden Ogan, Angus McSix und All for Metal gleich drei Mal höchste Qualität aus heimischen Gefilden auf dem Programm steht, sind wir natürlich am Start – und zapfen dabei jede Menge Bier. Zumindest dem Worte nach.
Also, eigentlich hat man beim Metal doch Feuer, Tod und Teufel, Nieten und Leder, das ganze Gewerk. Aber man kann auch anders – beim fröhlichen Stelldichein erlebten wir amüsiert ein Füllhorn von Partyzubehör, das bei jedem Kindergeburtstag nicht fehlen darf: Konfetti, Luftschlangen, Schneekanone, Badeentchen, Dinos und Tischfeuerwerk, alles war vertreten, wir warteten eigentlich nur noch auf den Clown Bobo. Und wisst ihr was? Das war alles ganz wunderbar, so viel vorweg!
Als wir das weite Rund des Backstage Werks betreten, stellen wir fest, dass die Chose zwar nicht restlos, aber doch weitgehend ausverkauft ist. Schnell wühlen wir uns nach vorne, wo die mächtigen All for Metal schon emsig zugange sind. Die Newcomer (manchmal zu Unrecht als Retortenkombo geschmäht) mischen die Menge gehörig auf – Fronter Tim „Tetzel“ Schmidt (im Nebenberuf auch in Diensten von Asenblut und guter Kumpel von Orden Ogan-Mastermind Seeb Levermann) gibt den optisch zweifelsohne beeindruckenden Donnergott am Mikro, der sich durchs Gehölz gruntet, begleitet vom Clean-Power-Organ seines Kompagnons Antonio Calanna, der offenbar auch seinerseits schon ein paar Übungseinheiten mit dem Cheffe absolviert hat und daher ebenso nur mit Beinkleid antritt (allerdings ohne das von Outfit-Orakel Sebbo erwartete Fell). Höchst eingängig und melodisch, inszeniert die Gitarrenfraktion Jasmin Pabst und Ursula Zanichelli die Melange mehr als zünftig, begleitet von zwei Grazien, die wie die Miezen bei Feuerschwanz das Geschehen mit ausladendem Ausdruckstanz und auch gerne mal Schwertschwingerei untermalen. Das klingt und sieht irgendwie aus, als ob die alten Herren von Manowar wirklich Humor hätten und nicht nur unfreiwillig komisch wären: natürlich sind Nummern wie „Raise Your Hammer“, „Mountain of Power“, „Goddess of War“ und natürlich der Titeltrack vom aktuellen Langdreher „Gods of Metal“ immer mit ein wenig Augenzwinkern zu nehmen. Aber wenn das Material so unentrinnbar eingängig, mit Verve vorgetragen und damit einfach mitreißend ist, dann goutieren wir das doch mehr als gerne – was auch die durchaus entzückte Menge so sieht. All hail to the Gods of Metal!
Wenn in der Umbaupause zwei durchaus voluminöse Schwimmbadenten in Einhornform (ja, genau) auf die Bühne gehievt werden, dann weiß man - es stehen besondere Großtaten ins Haus. Auch mit Angus McSix hat sich Herr Levermann gute Kumpels mit ins Gepäck genommen: nachdem sich die Wege von Gloryhammer und Shouter Angus McFife 2023 trennten, zählte Herr Fife einfach eins hoch und machte sich als Angus McSix selbständig, mit tatkräftiger Unterstützung seines Kumpels Seeb, was allerdings von kurzer Dauer war: nach nur einem Jahr und der Scheibe „Angus McSix and the Sword of Power“ (nebst Auftritt im ZDF-Fernsehgarten, bei dem sich die nicht mehr ganz taufrische Moderatorin durchaus forsch dem Drummer an den Hals warf – kurios) hängte der gute Angus das Mikro an den Nagel und widmete sich fortan in seiner bürgerlichen Persona Thomas Winkler wieder seiner eigentlichen Berufung als Notar (irgendwie hätte man das doch verbinden können, die teilweise recht blutleeren Verträge hätten von einem Vortrag im Power Metal Stil doch zweifelsohne profitiert). Meister Levermann, der auf dem Debut Gitarre und Bass beisteuerte und die Songs mit Winkler geschrieben hatte, wollte die Sache dann doch nicht sang- und klanglos enden lassen und rekrutierte mit Samuel Nyman (ex-Manimal) einen würdigen Ersatz, der als Kunstfigur Prinz Adam McSix auf der Suche nach seinem verschwundenen Bruder Angus ist.
Alles klar, und keiner hats kapiert? Egal, die Mannschaft wirft sich mit viel Freude in die Bresche, Adam/Samuel tritt in schwerem Sauron-Kostüm an, unter dem es sicherlich ordentlich heiß wird, womit Guitarristin Thalia Bellazecca dank luftigem Beinkleid sicherlich kein Problem haben dürfte. Neben Skeletor an der zweiten Gitarre entdecken wir noch einen gewaltigen, mächtig grünen Ork am Schlagzeug und stellen später erstaunt fest, dass sich hinter dieser Hulk-Maskerade niemand anders als Gerit Lamm verbirgt, der in den Anfangsjahren die Schießbude bei den deutschen Symphonic-Helden Xandria besetzte. Los geht’s mit dem brandneuen „6666“ (eine 6 wäre schon noch gegangen…), dem ersten in der neuen Besetzung eingezimmerten Stück – durchaus glasklar im Sound, ordentliche Sangesleistung und technische Finesse von Frau Bellazecca (die nicht umsonst demnächst bei Primal Fear in die Saiten greift) notieren wir gerne. So richtig zur Sache geht’s dann aber mit dem „Master of the Universe“, das der gute Adam einwandfrei inszeniert, auch wenn ihn die schwere Kluft an größerem Stage Acting hindert, was sein Vorgänger in grüner Strumpfhose gerne an den Tag legte. Weiter geht’s mit dem mächtigen „Sixcalibur“, zu dem Frau Bellazecca beherzt mit intoniert, worauf uns der gute Adam informiert: er sei auf der Suche nach seinem Bruder, nach dem wir nun mal kräftig rufen. Angus hat aber wohl andere Termine, weshalb wir ihn mit „Starlord of the Sixtus Stellar System“ zumindest per Song hochleben lassen. Nun geht die Kinderparty dann endgültig auf die Reise: zwei spaßige Dinos hüpfen über die Bühne und untermalen den „Laser Shooting Dinosaur“ (das hatten sie seinerzeit auch im Fernsehgarten zum Besten gegeben…) mehr als zünftig. Dino-Metal, das kennt man ja von diversen sozialen Strömungskanälen. Nach schwungvollen „Amazons of Caledonia“ setzt man uns nun das, was die jungen Leute eine Challenge nennen: echte Warriors haben Durst und besorgen sich ein erfrischendes Met auf jedem Weg. Deshalb wirft man jetzt die beiden wilden Einhörnern, also sprich die Badeenten, in die Menge und fordert zwei Unerschrockene auf, die Biester zu zähmen, über die Köpfe zu reiten und ein paar Bierchen mitzubringen. Das funktioniert nach Anlaufschwierigkeiten famos, zwei Helden schaffen es tatsächlich und liefern die Becher getreulich ab. Nach einem schmissigen „Ride to Hell“ verabschieden sich die Kombo gut gelaunt und hinterlassen eine freudig beschwingte Meute. So muss eine Vorgruppe sein!
Jetzt wird die Bühne freigeräumt, keine Dinos und Enten mehr, sondern eine klare Inszenierung scheint nun angezeigt. Nach einem schmissigen NDW-Intro in Form der Zoff-Lobhymne auf das Sauerland (Heimat von Herrn Levermann und auch eines gewissen Herrn Merz) steigen Orden Ogan mit „F.E.V.E.R.“ schnörkellos in ihr Set ein. Phantasievolle Kostümierungen fehlen, sieht man mal von der Ace-Frehley-Gedächtnis-Joppe des Zeremonienmeisters ab. Nach dem sehr melodischen „Conquest“ wendet sich Herr Levermann nun an uns und teilt uns mit, dass nach all dem „Kirmes-Metal“ nun wieder Zeit für einen echten Headbanger sei, den die Herrschaften uns in Form des alten Reißers „Ravenhead“ mit Schmackes kredenzen, das von zwei Statisten mit Rabenköpfen à la Moon Knight untermalt wird. Während wir uns ein wenig um Seeb sorgen, der durchaus errötet mit der Hitze zu kämpfen scheint, stellen wir fest, dass hier gewissermaßen eine Xandria-Teil-Reunion stattfindet: den Bass zupft nämlich kein Geringerer als Steven Wussow, der durchaus lange Jahre gemeinsam mit Herrn Lamm bei den Symphonikern werkelte. Man kennt sich halt. Zu „Inferno“ lädt Seeb nun zum fröhlichen Mitsingspiel, aber das zurückgerufene „Burn“ stellt ihn nicht zufrieden: „Viel zu leise. Vielleicht liegts an der Seite, oder am Wort. Ruft mal Bier!“ Das klappt besser, und wir steigen frohgemut in den Song ein, bei dem erstmals das Tischfeuerwerk am Bühnenrand eingeschaltet wird. Das melodische „Heart of the Android“ schließt sich nahtlos an, und nun erfahren wir, dass wir aktuell bei der bislang größten Headliner-Show der Bandgeschichte zugegen sein dürfen. Das freut uns natürlich, auch wenn uns Herr Levermann im Verlaufe des Abends immer wieder zeiht, man sei zu leise oder vielleicht schon eingeschlafen. Er hat halt Spaß in den Backen, so viel steht fest. Nach einem galoppierenden „Kings Of The Underworld“, gefolgt von „Here at the End of the World”, kündigt der Zeremonienmeister “die erste Ballade“ des Abends an: naja, das stimmt so teilweise.
Der Song stamme vom Album Gunman – „ja, das spielen wir auch noch“, beruhigt uns Seeb: „Come with me to the other side“ beginnt sicherlich getragen-lyrisch, knallt dann aber ganz ordentlich ins Kontor und geht nahtlos in ein noch heftigeres „The Black Heart“ über. In der Menge meldet sich mittlerweile auch immer wieder unser guter alter Freund namens Movement, wobei die Ruder-Einlagen von früheren Ansetzungen bislang auf sich warten lassen. Das wunderbare „Moon Fire“ nutzt der Chef wieder zu einer Gesangseinlage des Publikums, dessen lauthalsiges „Moooooon!“ er launig mit „Klingt wie eine Horde Kühe!“ tontechnisch einordnet, bevor wieder das Tischfeuerwerk eingeschaltet wird. „We Are Pirates“, das alte Schlachtross, das sogar schon als Untermalung zu diversen Motorsporteventübertragungen auf Privatsendern herhielt, feiert man standesgemäß ab, alleine das Rudern will heute nicht gelingen. Nun wird es in der Tat ein wenig bedächtiger: die Plattenfirma halte sie zwar für bekloppt, so Seeb, aber dennoch habe man darauf bestanden, als erste Auskopplung des neuen Albums „The Order of Fear“ eine Ballade zu bringen, weil man das behandelte Thema Ängste und Depression für wichtig halte. „My Worst Enemy“ kommt dann eher leise, nur am Keyboard begleitet daher, das von der Titelfigur der Alben mit Hut und Gasmaske bedient wird. Nun kommen wir endgültig zum Titeltrack der neuen Scheibe, und auch hier gilt das Motto von Miss Piggy: ich will jetzt endlich singen! Dürfen wir auch, aber Seeb stellt wieder fest, dass wir das nicht richtig machen, also dürfen wir statt „Fear“ wieder „Bier“ rufen – und nachdem sich ein kleiner Sprechchor „Noch ein Bier!“ (was man ja üblicherweise beim Panzerkommando Sabaton vorträgt) entfaltet, freut sich der Kollege: „Falsche Band, aber dennoch danke, wir sind geehrt!“ Die Nummer selbst glänzt nun mit Atmopshäre und Macht, auch wenn natürlich der Refrain lautstark zu „welcome to the end of all my bier“ wird.
Jetzt aber zum gloriosen Hochlicht: die Saga vom Revolverhelden inszenieren sie wie immer blitzsauber, episch im besten Sergio Leone-Stil, der „Gunman“ selbst wandert umher und schießt am Ende auch noch auf uns – und zwar Luftschlangen, versteht sich. „Let the fire rain“ schaltet dann wieder den Melodiemodus ein, bevor wir schon ohne große Pause und „wir verstecken uns hinter der Bühne und ihr müsst Zugabe rufen“-Unfug direkt zum Schlusspunkt kommen: „Thing We Believe In“ brilliert wie stets und muss natürlich auch für die ordentliche Verballhornung herhalten – sogar ein eigenes Leibchen gibt es am Andenkenstand dafür zu haben, auf dem „Beer Beer and Beer“ prangt, was für den eigentlichen Refrain „cold dead and gone“ substituiert wird. Das machen wir alles gerne und konstatieren den seltenen Fall eines rundum gelungenen Dreierpakets, das von der ersten bis zur letzten Sekunde amüsant war. Nur das Geschenk, das man als Besucher auf Kindergeburtstagen mittlerweile selbst bekommt und mit nach Hause nehmen darf (wer hat denn diesen Quatsch eigentlich erfunden?), das suchen wir vergeblich. Wir sind dennoch mehr als einverstanden.