Back In Black – Was der Whiskymixer mixt Vol. 2
/Unser Kollege Dagger sieht schwarz, allerdings nicht wegen der aktuellen Corona Krise, sondern weil… oder lest einfach selbst…
Back in Black ist nicht nur der Titel des bis dato erfolgreichsten Hardrock-Albums aus dem Hause AC/DC, der Titel passt auch prima zur heutigen Verkostung. Schließlich stehen fünf schwarze Flaschen auf dem Programm, die im Folgenden zu den Klängen von Australiens Rocklegende genauer unter die Lupe genommen werden.
Während das erste Tasting über den Whiskymixer den Blended Malt Whisky in den Fokus rückte, handelt es sich nun bei allen fünf Destillaten um Vertreter des Blended Scotch Whisky. D.h. sie enthalten allesamt neben einem Anteil an Malt Whisky auch einen Anteil an Grain Whisky. Wie sich das jeweils fertige Produkt genau zusammensetzt, bleibt in der Regel Geheimnis des Masterblenders. Aber wollen wir nicht länger um den heißen Brei reden, sondern lasset das Tasting beginnen. Startsignal geben die Glockenschläge von „Hells Bells“ - mal sehen, ob heute auch ein paar höllisch gute Tropfen mit dabei sind.
Back in Black – dieser Titel passt zu unserer ersten Probe, wie die Faust aufs Auge. Die Rede ist von der Black Bottle, einem traditionsreichen Blend, der nämlich vorübergehend gar nicht mehr in einer schwarzen Flasche abgefüllt wurde. Aber eines nach dem anderen. Die erste Black Bottle wurde 1879 von den drei Gordon-Brüdern, Charles, David und Gordon, kreiert und zwar in einer schwarzen Flasche, welche aus einer deutschen Glasmanufaktur stammte. Schließlich wollte man sich schon rein optisch von der Konkurrenz abheben. 1914, nach Ausbruch des ersten Weltkriegs, endete allerdings die Beziehung zu dem deutschen Lieferanten und fortan wurde der Blend für die nächsten 100 Jahre in eine dunkelgrüne Flasche gefüllt. Eine etwas exklusivere Ausgabe mit der Altersangabe von 10 Jahren sah zwar schwarz aus, in Wirklichkeit wurde die Flasche aber mit einer schwarzen Kunststoffschicht ummantelt.
So habe auch ich selbst die Black Bottle vor über 20 Jahren kennengelernt und es fühlt sich etwas an, als würde man einen alten Bekannten nach langer Zeit wieder treffen. Damals, als Student, kam die vergleichsweise preisgünstige Black Bottle sehr gelegen – das Geld für kostenintensivere Single Malts war halt einfach nicht da. Und wenn ich mich recht erinnere, wurde die Black Bottle zu dieser Zeit als All-Islay-Blend vermarktet, sprich alle Malt-Komponenten stammten von der Insel Islay. Gerade die 10-jährige Abfüllung ist mir besonders gut im Gedächtnis geblieben. Mal sehen, wie sich nun die neue Black Bottle so macht.
Heutiger Vertreiber der Black Bottle ist Burn Stewart Distillers Ltd. Ihm ist es zu verdanken, dass sie seit 2014 tatsächlich wieder als Flasche aus Schwarzglas erhältlich ist. Das Design lehnt sich an das der Anfangsjahre an und auch die Rezeptur orientiert sich nach Aussage von Masterblender Ian MacMillan an jener des auslaufenden 19. Jahrhunderts. Das bedeutet: heute befinden sich neben Malts von Islay auch Malts aus den Highlands und von der Speyside in der Mischung. Basis und wichtigste Komponente bildet dabei angeblich ein Malt Whisky aus dem Hause Bunnahabhain.
Soviel zur Geschichte, nun zum Whisky: Im Glas erwarten den Betrachter helle Bernsteintöne und die Geruchsrezeptoren dürfen sich auf frische Noten zwischen Zitrusfrüchten und Vanille mit dezenten Rauchanteilen freuen. Auf der Zunge erscheint zunächst leichter Torfrauch, der sich mit deutlichen Vanillenoten vermengt. Dann etwas bittere Eiche, während der Rauch allmählich verfliegt. Der Whisky ist nicht sonderlich voluminös, schließlich ist er mit den für einen Blend standesgemäßen 40% Vol. auch etwas schwach auf der Brust. Dafür ist die Black Bottle aber umso süffiger! Beim zweiten Nosing kommen schließlich die süßen Aromen von Honig und Vanille noch deutlicher zum Ausdruck. Das liegt vermutlich daran, dass der Whisky nach dem Blending noch einmal für sechs bis neun Monate in jungfräulichen, ausgekohlten Eichenfässern nachreifen durfte. Der Abgang ist zwar weder lang noch spektakulär. Dennoch kann man hier von einem gelungenen Produkt sprechen, das vielleicht nicht den Anforderungen fortgeschrittener Single-Malt-Liebhaber entspricht, für Einsteiger oder eben als Opener für einen längeren Whisky-Abend jedoch bestens geeignet ist.
Die nächste Flasche stammt aus der Range von Schottlands wohl berühmtester Marke in Sachen Blended Scotch Whisky, nämlich Johnny Walker. Der Johnny Walker Double Black wurde einst für den Travel-Retail-Markt entwickelt, gehört heute aber zum Kernsortiment von Diageo. Beworben wird die neue Mixtur als eine Art rauchigeres und intensiveres Upgrade des 12-jährigen Black Labels. Mit dieser Formulierung soll letzten Endes wohl legitimiert werden, dass der Double Black auch etwas teurer ist, als der Black Label, obwohl er über keine Altersangabe verfügt.
Rein farblich ist er von der eben getesteten Black Bottle kaum zu unterscheiden. Bei beiden wurde schließlich auch mit Zuckerkulör nachgeholfen. Auch in Sachen Alkoholgehalt spielen sie in derselben Liga, nur wirkt der Double Black bereits in der Nase deutlich rauchiger, als eben die Black Bottle. Eine leichte Süße ist da außerdem, aber hauptsächlich sind es die Raucharomen, die den Ton angeben.
Wenig verwunderlich: der Double Black startet auch geschmacklich mit starkem Rauch, der allerdings unvermittelt in eine deutlich ausgeprägte Bitterkeit umschlägt. Das muss man wirklich mögen. Gut, etwas Vanille ist da schon. Vom Hersteller angepriesene Noten von frischen Äpfeln und tropischen Orangen kann ich aber beim besten Willen nicht finden. Auch im dummerweise überraschend langen Abgang bleibt der Brand rauchig und bitter, ehe sich beide Noten zu einer Art fahlem Geschmack nach Kartonage vermählen. Dass Whisky-Guru Jim Murray in seiner 2020er Whisky Bible diesem Blend stattliche 94,5 von 100 Punkten verliehen hat, bleibt mir ein Rätsel. Aber Geschmäcker sind eben verschieden.
Für mich ist die dominante Bitterkeit des Double Black jedenfalls ein Störfaktor – vielleicht ein guter Anlass für einen kleinen Exkurs:
Dem Blended Whisky wird ja gerne eine gewisse Bitterkeit nachgesagt, worüber manch ein Single-Malt-Freund die Nase rümpft. Aber woher kommt´s? Zu tun hat es wohl mit dem Anteil an Grain Whisky im Endprodukt. Dieser aus einer Getreidemischung in Column Stills gebrannte Whisky ist gegenüber einem Single Malt weicher, geschmacklich aber auch neutraler. Und wenn für die anschließende Fassreifung nun recht ausgelutschte Fässer verwendet werden – schließlich versucht man ja ein preisgünstiges Produkt zu erzeugen – dann schlagen im Grain Whisky die Bitterstoffe der Eiche wohl besonders spürbar durch. Das soll hier nun keine wissenschaftliche Abhandlung werden, aber zumindest ist das eine Theorie, die irgendwie Sinn ergibt. Wie stark man dann diese „grainige“ Bitterkeit im Endprodukt empfindet, ist – wie ich schon feststellen musste – auch Tagesform abhängig. Gut dosiert kann sie einem Whisky durchaus Charakter verleihen. Im Falle des Double Black bin ich allerdings froh, wenn der Striding Man an mir vorüber geschritten ist. Dass der Bursche als Zutat für einen Cocktail oder einen Longdrink eine bessere Figur abgibt, sei an dieser Stelle übrigens nicht ausgeschlossen. Aber darum dreht sich dieses Tasting nun einmal nicht.
Auch beim nächsten Kameraden handelt es sich um einen rauchigen Blend, der – ähnlich dem Double Black – als eine Art Upgrade einer etablierten Abfüllung angepriesen wird. Die Black Grouse Alpha Edition aus dem Hause Matthew Gloag & Son Ltd. ist eine limitierte Ausgabe der Famous-Grouse-Reihe und beinhaltet neben stärkeren Raucharomen auch einen höheren Gehalt an Malt Whisky, als die traditionelle Black-Grouse-Abfüllung. Das Design der schwarzen Flasche mit einem männlichen Birkhuhn vor der nebligen Kulisse der schottischen Highlands wirkt ebenso attraktiv, wie mystisch. Ein interessantes Detail dabei: wie beim schwarz gefärbten Birkhahn dessen leuchtend rote Augenwülste hervorstechen, wurde auch der Korkengriff mit roter Folie umwickelt, was die Flasche zu einem echten Hingucker macht. Übrigens ist das hier der erste Whisky des heutigen Tastings, der mit einem Korken und nicht mit einem Schraubverschluss versehen wurde. Ein erster Wink, dass wir es nicht mit einem Massenprodukt zu tun haben. Leider wieder nur mit 40% Vol. ausgestattet, liegt dieser Tropfen etwas dunkler im Glas und verströmt neben minimalem Rauch eine unmissverständliche Sherry-Note. Da würde es mich nicht wundern, wenn die einzelnen Komponenten dieser Kreation nach dem Blending noch einmal gemeinsam für eine Weile in einem Sherryfass ruhen durften. Denn auch geschmacklich werden dunkle Früchte von zartem Rauch ummantelt. Man spürt den Grain, er stört aber nicht weiter. Wie gesagt, der Malt-Anteil soll in diesem Blend ja etwas höher liegen als üblich, daher auch ein etwas höherer Preis. Mit etwa 35 Euro liegt die Alpha-Edition immerhin schon im Bereich eines ordentlichen Single Malts. Im mittellangen Abgang kommt die Rauchtöne dann nochmal etwas stärker durch. Wirklich schade, dass bei dieser exklusiven Abfüllung am Alkoholgehalt gespart wurde. 43 oder gar 46 % Vol. wären diesem Tropfen sicherlich gut zu Gesicht gestanden.
AC/DC sind mittlerweile und passender Weise bei „Have A Drink On Me“ angekommen, wir legen nach so viel Torfrauch allerdings eine kurze Pause ein. Eigentlich hebt man sich die rauchigen Whiskys ja auch für das Ende auf. In diesem Fall hätte der Double Black als rauchigster Kandidat das Schlusslicht bilden müssen... ein schauderhafter Gedanke, dieses Tasting mit dem Geschmack von Kartonage zu beschließen. Zum Glück habe ich mich entschieden, die beiden hochprozentigen Kollegen für das Finale aufzusparen.
Wir starten den Endspurt mit der Prohibition Edition von Cutty Sark, natürlich erneut in edler Flasche aus schwarzem Glas und mit stattlichen 50 % Vol. gesegnet. Der Blend mit seiner goldgelben Farbe enthält zwar auch Farbstoff, jedoch wurde auf Kühlfiltrierung verzichtet, was die Sache noch interessanter macht. Wie es der Name schon sagt, soll diese Abfüllung an die Prohibition erinnern – genauer an Schiffskapitän Bill McCoy, der in den 1920er Jahren Cutty Sark Whisky von Schottland in die Vereinigten Staaten schmuggelte. Da ist es nur konsequent, dass diese Prohibition Edition mit „bottled at 100° proof (USA measure)“ ausgezeichnet ist. Denn in Amerika sind 100° Proof eben genau 50% Vol.
Der olle Captain McCoy stand offenbar in dem Ruf, besonders hochwertigen Whisky zu vertreiben und wenn der Cutty Sark der 1920er tatsächlich von solchem Kaliber war, diese Edition, dann dürfte nicht nur McCoy, sondern auch die belieferte Mafia mit dem Drink ein Bomben-Geschäft gemacht haben. Denn schon in der Nase überrascht dieser Cutty Sark mit einem unglaublich starken und komplexen Antritt. Schwaden von Vanille, Kräutern und Waldhonig betören geradezu und vermitteln ein Gefühl von Wärme und Gemütlichkeit. Im Rachen geschwenkt schmeichelt der Cutty Sark zunächst unglaublich cremig, vollmundig und vielschichtig – ein Mix aus Vanille, Fruchtnoten, schwarzem Pfeffer und frischem Heu. Danach folgt leider wieder eine etwas unangenehmere, „grainige“ Bitterkeit, die auch den Abgang dominiert. Schade, aber Aroma und Auftakt sind bei diesem Blend dermaßen gelungen und herausfordernd, dass man über den kleinen Schönheitsfehler am Ende gerne hinweg sieht.
Wir kommen auch schon zur letzten Probe des heutigen Abends: George Willsher, der „Erfinder“ des Black Bull Whisky, war seiner Zeit dafür bekannt, mit den gängigen Normen zu brechen. So kreierte er bereits 1864 einen Blend mit massiven 50% Vol. Alkohol, der zu 50% aus Single Malt und zu 50% aus Single Grain Whisky bestand. An diese Eckpfeiler der Rezeptur hält sich schließlich auch der unabhängige Abfüller Duncan Taylor, der den Black Bull heutzutage auf den Markt bringt. Außerdem bemerkenswert für einen Blend: die für das heutige Tasting organisierte Retro-Edition, wurde nicht gefärbt und nicht kühlgefiltert. Zehn Jahre sind alle enthaltenen Komponenten alt – nach dem Blending konnten Sie ihre unterschiedlichen Charaktere für ganze drei Jahre gemeinsam in ausgewählten Sherryfässern verschmelzen. Das Resultat ist eine echte, fast schon brutale Sherry-Bombe! Wie das Nosing erahnen lässt, wartet dieser gold-gelbe Blend mit massiven Noten von trockenen Früchten, Toffee und schwarzer Schokolade auf. Abgesehen von den Einflüssen des Sherryfasses ist er in mancherlei Hinsicht dem Cutty Sark Prohibition sogar recht ähnlich. Auch dieser Black Bull wirkt weich, ölig und vollmundig. Auch hier finden sich wieder Anklänge von schwarzem Pfeffer. Und: die Tannine aus dem Eichenfass sind ebenfalls vorhanden. Sie wirken aber dermaßen tief eingebettet in einer Wolke aus Sherryfass-Aromen, dass sie dem Whisky tatsächlich Volumen und Charakter verleihen. Einziger Wermutstropfen: der Abgang hält nach dem massiven Antritt keine großen Überraschungen bereit. Dennoch lassen sich die Qualitäten dieses feinen Tröpfchens nicht wegdiskutieren. Freunde von sherry-tönigem Whisky sollten hier zugreifen. Und was mich betrifft, so wurde meine Neugierde geweckt. Vom No-Age-Statement bis hin zu einem 40-jährigen Blend vermarktet Duncan Taylor den Black Bull nämlich unter verschiedenen Altersangaben und ich wage zu orakeln: diesen Bullen packe ich gerne noch ein weiteres Mal bei den Hörnern.
Zusammenfassend lässt sich am Ende dieser Verkostung feststellen, dass wir mit der Black Bottle einen ordentlichen und gut ausbalancierten Blend für die kleine Geldbörse dabei hatten. Der intensive Johnny Walker Double Black ist bei mir leider durchgefallen, während die Black Grouse Alpha Edition mit ihrem Mix aus zartem Rauch und Sherry-Süße überzeugen konnte. Die Gewinner sind aber definitiv die beiden hochprozentigen Kandidaten Cutty Sark Prohbition und Black Bull 10 Years Retro, die es mit einem Blended Malt oder einem Single Malt definitiv aufnehmen können.
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