Ragnarök im Drachenboot: wir feiern ein Metfest mit Feuerschwanz und den Warkings

Zweimal verschoben, jetzt endlich hier auf unserer Showbühne: der längst überfällige Ausritt mit den Mittelalter/Metal-Recken von Feuerschwanz sorgte dafür, dass das Backstage Werk picke packe ausverkauft war. Das war moralisch zwar gar nicht verwerflich, und trotzdem sagten wir: bin dabei! 

Seine Wahl war nicht unbedingt weise. Das muss der Hauptmann unumwunden feststellen, der sich in seiner Rüstung den sprichwörtlichen Wolf schwitzt. Die erschallenden „Ausziehn!“-Rufe quittiert er launig mit: „Das kann ich selbst gar nicht, dafür brauche ich jede Menge Knappen!“ So wollen wir dann doch nicht zur Hand gehen, und der Arme muss weiter fast verschmachten. 

Das gilt für uns zwar nicht, aber so ein rammelvolles Backstage hat man lange nicht gesehen. Offenkundig hallt der Ruhm des letzten und nach wie vor aktuellen Studiowerks „Memento Mori“ immer noch nach, wobei die neue Langrille doch schon längst in den Startlöchern steht. Wir steuern gut gelaunt erst einmal den Leibchen-Stand an, denn wie Haute-Couture-Verfechter Sebbes, der heute leider an der Aktion nicht teilnehmen kann, besteht auch beim heutigen Mitstreiter Ray ein beklagenswerter Mangel an fescher Oberbekleidung. Das wird umgehend behoben, worauf wir unseren Standort einnehmen, wie immer links vorne, wo quasi schon Markierungen am Boden für uns angebracht sind. 

Punkt 8 geht die Sause dann los: die Warkings stürzen sich ins sprichwörtliche Getümmel. Die Konzept-Truppe – bestehend aus launigen Charakteren wie dem Crusader, dem Viking und dem Spartan – präsentiert schmackigen Power Metal, der bestens reinläuft und für einen standesgemäßen Auftakt sorgt. Oberschmied Hephaistos hämmert ordentlich drauflos, Zeremonienmeister Tribune besetzt das gute alte römische SPQR-Zeichen (für die alten Lateiner unter uns: „Senatus Populusque Romanus“, Senat und Volk von Rom – so, und das schreibst Du jetzt hundertmal) und prescht mit „The Last Battle“ und „Maximus“ ordentlich voran. Während wir uns noch frage, welche Nationalität sich denn hinter den diversen Masken verbirgt, springt der Metallarbeiter wieder hervor und haut zu seiner Hymne „Hephaistos“ wieder ordentlich zu. „Bavarrrrria!“, wendet sich der Volkstribun nun an uns – und fragt sich dann, ob denn allzu viele auf dem „Scheißhaus“ sind. Ok, so viel feine deutsche Sprachkunst kann nicht angelernt sein, deshalb lüften wir gerne mal den Schleier: niemand anderes als Serenity-Mastermind Georg Neuhauser steckt hinter dieser Truppe, die mit launigem Konzept und Sound irgendwo zwischen Sonata Arctica und Hammerfall hier genau ins Schwarze trifft. Zu „Hellfire“ und „Heart Of Rage“ gesellt sich dann noch eine dunkle Holde hinzu, die daherkommt wie die böse Königin aus Disneys „Snow White“, von Herrn Neuhauser allerdings als Morgana Le Fey vorgestellt wird. Die Damen-Rolle spielte bis vor kurzem noch Melissa Bonny, die als Queen of the Damned fungierte, aber auch Secil Sen macht als dunkle Fee einen schlanken Fuß, zumal die Grunz-Attacken astrein rüberkommen. Bei „Sparta“ gibt es dann noch einen fulminanten „Ahu!“-Schlachtruf-Anruf, bevor dann der „Gladiator“ den würdigen Schlusspunkt setzt. Der Schmied selbst baut mit ab, wir sind zufrieden und prüfen weiter die Lage. 

„Also, wo ich herkomme, heißt das: jawoll, Herr Hauptmann!“ Mit dieser durchaus unmissverständlichen Direktive verschafft sich bei der Hauptattraktion des Abends der schwitzende Rittersmann, bürgerlich besser bekannt als Peter Henrici, jeweils Zustimmung zu seinen Anweisungen – wobei das eigentlich gar nicht nötig wäre. Schließlich geht mit Meute bei der gemeinschaftlichen Sause, die Feuerschwanz nun abbrennen, von Anfang an beherzt mit. Zu einem kleinen „Elfte Gebot“-Intro postieren sich zunächst einmal die beiden Miezen (dürfen die eigentlich noch so heißen heutzutage?) im adretten Beinkleid rechts und links von der Bühne und schwenken feine Fahnen, bevor dann die ganze Rasselbande hereinspringt und den Titeltrack des nach wie vor aktuellen Langdrehers, der sich ja auf Platz 1 der Charts postierte, herausfeuert (wie passend). Neben dem umtriebigen Hauptmann setzen sich vor allem Dudelsack-Meister Prinz R. Hodenherz III und Geigensaitenbiegerin Stephanie Pracht in ihrer Rolle als Johanna von der Vögelweide an vorderster Front in Szene, während sich Gitarrero Hans der Aufrechte alias Hans Platz – wie immer gediegen mit Hut – und Tieftöner Jarne Hodinsson (das Oberhemd ging irgendwo verloren) im Hintergrund neben dem zentral postierten Schlagwerker Rollo ihren Dienst versehen. „Darum leben wir hier! Darum leben wir jetzt!“ Das nimmt die Meute gerne als Motto und goutiert auch den nun folgenden Kracher: die spaßige Mär von den Untoten, die im Drachenboot umherschippern, dreht den Stimmungshahn weiter nach oben, begleitet von den Miezen, die sich mit Schild und Streitaxt ein Duell mit der schmucken Johanna liefern. Hossa, was ein Auftakt – da legen sie doch gleich mit dem „Metfest“ einen weiteren Steuerknüppel hinterher, dessen Botschaft „Gönnt Euch, Ihr Zecher!“ in keiner Sekunde in Zweifel gezogen wird. Unsere Wohnstube ist mittlerweile schon gut temperiert, was sich beim folgenden „Rausch der Barbarei“ dank der beginnenden Leibesübungen im Pit noch fortsetzt (wobei Chef-Choreograph Ray anmerkt, dass da unten eigentlich gar kein Platz für ausladende Bewegungen mehr bleibe…). Aber jetzt gibt es erst einmal brandneues Material zu bestaunen: als kleine Preview auf die neue Scheibe gab es auf den einschlägigen Strömungskanälen ja schon ein Stückchen zu bestaunen, und man kann nur verwundert zur Kenntnis nehmen, wie kollektiv die Meute zum jetzt präsentieren „Bastard von Asgard“ ausrastet und den Kehrreim textsicher mitschmettert (das mit dem Fenriz-Wolf, der anlässlich der nordischen Götterdämmerung Ragnarök seine Ketten sprengt, das kennen wir doch ohnehin, Stan Lee sei Dank). Dazu springt und gestikuliert vor allem Prinz Hodenherz wild durch die Gegend, während sich die gute Johanna im Take wiegt und der Hauptmann durch seine tonnenschwere Rüstungslast etwas gemächlicher agiert. Gut zur Sache geht es auch beim höchst melodischen „Ultima Nocte“ (wer den Cursus Latinus nicht genießen durfte: die letzte Nacht), bevor ich dann ankündige, jetzt doch freiwillig einen Schritt zurückzutreten. Der Hauptmann mahnt uns noch, dass wir ordentlich aufeinander aufpassen sollen, damit keinem was passiert, und dann übt der Mob im Pit mit dem treffend betitelten „Schubsetanz“ eine Portion echten Rittersport. Nach einem ersten Ausflug in Richtung Mittelerde mit dem massig daherstampfenden „Kampfzwerg“ wendet sich der gute Hauptmann dann wieder direkt an seine Truppen: eine ganz neue Nummer gäbe es nun wieder zu bestaunen, vom in den Startlöchern stehenden Album mit Namen…Fege…Feuer! Fege…Schwanz? Fege…Fege?? Belustigung allenthalben, natürlich heißt die Scheiblette „Fegefeuer“, die mit dem „Berzerker Mode“ ordentlich ins Kontor schlägt.

Nach einem feinen und vor allem kurzen Schlagwerk-Solo von Rollo gibt es mit „Meister der Minne“ nun endlich mal einen Griff in die Bandgeschichte, bevor sich dann zum wieder neueren „Krampus“ eine Mieze in einem standesgemäß furchterregenden Fell-Horn-Ding-Umhang gebärdet. Jeder habe doch jemanden, den er schmerzlich vermisse, so führt der Hauptmann nun aus – und die Ahnen sollen doch gerne nun hier im Geiste Platz nehmen, wodurch das „Herz eines Drachens“ (optisch untermalt mit dem obligatorischen Lichtermeer) durchaus stimmungsvoll gerät. Eine „kleine Geschichtsstunde“ kündigt der triefende Hauptmann jetzt an – mit „Feuer und Schwert“ setzt es eine Lektion Christianisierungs-Kritik. Ordentlich in die Requisitenkiste greift die Mieze dann bei „Methämmer“, wo sie ein überdimensioniertes Trinkhorn schwingt. Und dann ist endgültig Party-Alarm: Hauptmann, Prinz und Frau Vögelweide werfen sich in ihre Plastik-Sonnenbrillen, die Miezen hüpfen wie im Robinson-Club umher – in astreiner Originalsprache feuern sie den alten Disco-Heuler „Dragostea Din Tei“ heraus, der zwar eine „Todsünde“ ist, aber auch höllisch unterhaltsam ins Tanzbein fährt. Kurzzeitig sorgt der Hauptmann dann für mächtig Laune, als er uns attestiert, wir Münchner seien verrückt „wie die Franggen“, was ein (wohlwollend ironisches) Pfeifkonzert setzt, worauf er eingesteht: „Ich bin Frangge! Ich bin de Bedä!“ Und jetzt kommt dann auch Setlist-Analyst Ray zu seinem Recht, der bereits kritisch angemerkt hat, ob denn bei einem solchen Back-Katalog unbedingt noch Cover nötig seien: der Hauptmann selbst sagt, man wolle nicht nur „neuen Scheiß“ spielen, sondern auch die Historie ehren, die nun mit dem launigen „Hurra Hurra die Pest ist da“ wunderbar abgefeiert wird. Das „Elfte Gebot“ mahnt uns dann noch zur Lebensfreude, bevor erst einmal Feier/Feuerabend ist. Natürlich geht’s nochmal weiter: die Hände hoch und verschränkt, Stampfrhythmus an, Heroenpose eingenommen: „Warriors Of The World“ kommt hundertfach besser rüber als das, was das Original unsere Grubbe Manowar mittlerweile abliefert, das spätestens mit dem unsäglichen „Laut und hart, stark und schnell“ zur Selbstparodie mutiert sind. „Lasst uns nun ein letztes Mal Richtung Mittelerde ziehen! Gondor ruft um Hilfe!“, führt Zeremonienmeister Hauptmann nun die Hymne von den Reitern von Rohan ein: „Rohirrim“ gerät mit Miezen mit Speer und einer Johanna, die auf die Schenkel ihrer Mitstreiterinnen krabbelt, auch showtechnisch zum Hochlicht. Mit Schmackes vorgetragen funktioniert auch das „Ding“ von Seeeed (die restlichen 38 As sparen wir uns an dieser Stelle) bestens (wobei wir uns an die mahnenden Worte von Ray erinnern, der im Gegenzug den „Metnotstand im Märchenland“ schmerzlich vermisst), worauf sich dann das Feierbiest „Die Hörner hoch“ den Reigen beschließt. Die Halle tropft, wir ebenso, das neue Leibchen sitzt – wir danken und hoffen auf ein baldiges Wiedersehen. Was sogar klargehen könnte: auf dem Tollwood gibt es demnächst mehr oder weniger das gleiche Paket zu bestaunen.