To Bourbon or not to Bourbon?

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Unser alter Heavyhardes-Kollege und Gastschreiber Kai hat diese fast philosophische Frage mit einem deutlichen ja beantwortet und warum, das könnt Ihr hier nachlesen...

Nun ist es also soweit. Nachdem US-Präsident Trump Strafzölle auf die Einfuhr von Stahl und Aluminium beipielsweise aus der Europa oder China verhängt hat, hat die EU nun ihrerseits reagiert und beschlossen, den Import amerikanischer Artikel wie Bourbon, Jeans und Motorräder mit Zöllen zu belegen. Ganz klasse, quasi alles, was das Rocker-Herz begehrt. Und während der Trump nun schäumt und sich schon Marktbereiche für den nächsten Zoll-Streich überlegt, nehme ich das politische Geschehen zum Anlass für ein Bourbon-Tasting, ehe die Preise für das Zeug in den Himmel gehen.  

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Nachdem wir beim letzten Tasting die Small Batch Abfüllung aus dem Hause Four Roses auf den Prüfstand gestellt haben, gehen wir nun zurück zur Basis und widmen uns der kostengünstigen Standardabfüllung, nämlich dem so genannten Yellow Label. Entsprechend der großen Auflage besitzt die Flasche einen schlichten Schraubverschluss und wurde mit zahmen 40% Vol. abgefüllt. Dieser Bourbon ist somit der leichteste in der heutigen Verkostungsreihe und zeigt sich als solcher schon in der Nase sehr frisch, würzig und mit feinen floralen Noten. Sehr angenehm und bekömmlich macht sich der Tropfen aus Kentucky schließlich auch bei der Verkostung. Er brennt nicht und zeigt neben den typisch süßlichen Karamell-Noten eine gewisse Fruchtigkeit, schmeckt im Abgang, der übrigens nicht sonderlich lang anhält, aber auch ein klein wenig muffig. Das Preis-Leistung-Verhältnis – man bekommt die 0,7 Liter schließlich unter 20 Euro – geht aber absolut in Ordnung. Der Aufwand, sprich die Rezeptur, die die Four Roses Destillery für ihre Whiskeys betreibt, liest sich ja nahezu wissenschaftlich. Da werden 10 verschiedene hausgemachte Kentucky Straight Bourbons vermählt, die sich der Mash Bill nach in zwei Gruppen aufteilen lassen und dann Unterschiede in Sachen Reifezeit und verwendeten Hefekulturen aufweisen. So komplex schmeckt die Basisabfüllung dann allerdings nicht. Wer einen schnellen und anständigen Bourbon für zwischendurch sucht, der liegt beim Yellow Label allerding gelb- ähm… goldrichtig.

Als nächstes wenden wir uns einem der beiden größten Whiskeyproduzenten des Landes zu, nämlich der Jim Beam Destillery. Neben der allseits bekannten Massenabfüllung mit dem weißen Label hat der Konzern mit Firmensitzen in Clermont und Boston (Nelson County) eine ganze Reihe an Spezial und Small Batch Abfüllungen, von denen wir uns nun zwei etwas genauer ansehen wollen. Der erste Kandidat ist der Jim Beam Signature Craft mit Altersangabe 12 Years und einem Alkoholgehalt von bekömmlichen 43% Vol. Er wird gewöhnlich in einer beeindruckenden Liter-Flasche abgefüllt, die im unteren Drittel eine umlaufende Banderole mit den wichtigsten Infos zu Produkt besitzt. Darüber wurden das Firmen-Logo und der Name der Abfüllung direkt aufs Glas gedruckt, womit der Betrachter einen wunderbaren Blick auf den bernsteinfarbenen Inhalt der Flasche erhält. Beim Nosing lässt dieser Bourbon gegenüber dem Four Roses gleich mal ordentlich die 12 Jahre lang herantrainierten Muckis spielen. Da wirkt er kräftig und würzig, was einem der Gaumen sogleich bestätigt. Eine deftige Roggenwürze trifft hier auf unverkennbare Eichennoten, die Süße bleibt dagegen zunächst eher im Hintergrund und tritt erst im mittellangen Abgang deutlicher zu Tage. Der Signature Craft ist würzig genug, dass ich ihn bei meiner ersten blinden Verkosten glatt für einen Rye gehalten habe. Ein guter Whiskey, den man zu einem fairen Preis erwerben kann, der sich mit der ersten Garde an Kentucky Straight Bourbons aber sicherlich nicht messen kann.

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Ganz anders verhält sich das mit einigen anderen Abfüllungen aus dem Hause Jim Beam. Neben dem Basil Hayden´s, dem Booker´s und dem Baker´s gehört dazu auch der Knob Creek. Unter diesem Namen füllt Jim Beam einen Kentucky Straight Bourbon, eine Single Barrel Edition und einen Rye Whiskey ab – wir kosten nun den Bourbon, der mit stattlichen 50% Vol. in die Flasche gebracht wird. Ursprünglich wurde dieser Small Batch Whiskey mit dem Vermerk „aged nine years“ abgefüllt. Um die große Nachfrage besser bedienen zu können, verzichtet das Unternehmen mittlerweile auf eine Altersangabe und schreibt nur noch „patiently aged“ auf das markante Etikett, das man noch aus Metern Entfernung und unter widrigsten Lichtverhältnissen in jedem Kneipenregal identifizieren kann. Da hat wohl mal wieder der Faktor Profit über den Faktor Qualität gesiegt, so wie es auch beim Elijah Craig in meinem letzten Bericht prophezeit wurde und mittlerweile eingetreten ist. Dort wurde im Zuge des neuen Flaschendesigns dann auch auf die Altersangabe von einst zwölf Jahren verzichtet. Für die heutige Verkostung habe ich mir vom Knob Creek jedenfalls noch eine Flasche mit Altersangabe gesichert. Im Glas schimmert er einen Tick dunkler als der Signature Craft, zeigt sich in der Nase mindestens ebenso würzig und kitzelt dort ein wenig aufgrund des hohen Alkoholgehalts. Bei der Verkostung offenbart sich der neunjährige Knob Creek als voluminöser und angenehm wärmender Bourbon voller Würze und feinen Karamellnoten, die lange anhalten. Ganz stark! Da hat man glatt den Eindruck, man kann das Feuer schmecken, mit dem die Fässer aus Weißeiche einst ausgebrannt wurden. Kein Wunder, dass die Nachfrage nach diesem Tropfen sehr groß ist. Den werd´ ich mir auf jeden Fall lange genug aufbewahren, bis ich mir einmal den Nachfolger ohne Altersangabe angeschafft habe, um hier den direkten Vergleich ziehen zu können. Natürlich wird davon dann auch berichtet.

Wir bleiben in Kentucky und ich verweise auf meine letzte Verkostung, wo aus dem Hause Bulleit die Basisabfüllung mit der orangen und der Rye Whiskey mit der grünen Banderole besprochen wurden. Mittlerweile ist hierzulande auch die zehnjährige Abfüllung mit der weißen Banderole erhältlich. Die musste natürlich umgehend in die Sammlung integriert werden. Hier ist der Alkoholgehalt nur geringfügig höher als bei der Standart-Edition, nämlich 45,6 anstelle 45% Vol. In Sachen Mash Bill unterscheiden sich die beiden Abfüllungen nicht. Auch der 10-Jährige besitzt einen amtlichen Roggenanteil von 28% (neben 68% Mais und 4% gemälzter Gerste), wir dürfen also abermals mit einem sehr roggen-tönigen Destillat rechnen. Roggen bringt bekanntlich Würze in den Whiskey und so ist es dann auch beim Bulleit 10. Verglichen mit der ohnehin schon deftigen Standartabfüllung, von der ich mir eben gewissenhafter Weise noch ein Gläschen gegönnt habe, verströmt der 10-Jährige schon aus dem Glas ein deutlich kräftigeres Aroma und präsentiert sich dann auch am Gaumen als wuchtiges Geschoss, von dem Zartbesaitete definitiv die Finger lassen sollten. Liebhaber von starken, intensiv schmecken Whisk(e)y werden diesen Tropfen dagegen sicherlich schätzen, wenngleich er eine ganze Ecke kantiger ist als beispielsweise der fein ausbalancierte Knob Creek. Typische Karamellnoten treffen hier auf eine trockene Roggenwürze. Der Abgang ist dann überraschend angenehm und weich, wie wir es schon von den beiden anderen Abfüllungen aus dem Hause Bulleit her kennen.

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Last but not least wechseln wir den Schauplatz und auch den Bundestaat. In Tennessee, genauer gesagt im kleinen Städtchen Lynchburg, produziert man die in den USA meist verkaufte Whiskeymarke. Jeder kennt ihn, nicht jeder mag ihn, aber ganz verkehrt kann er ja schließlich auch nicht sein, wenn ihn schon Lemmy Kilmister sein Leben lang gar eifrig konsumiert hat. Die Rede ist natürlich von Jack Daniel´s. In der heutigen Verkostungsreihe steht allerdings nicht die Standartabfüllung, der Old No 7, sondern eine der exklusiveren Abfüllungen, nämlich der Jack Daniel´s Single Barrel Select mit 45% Vol. Hierbei handelt es sich nicht um einen Straight Bourbon, sondern um einen Tennessee Whiskey, bei dem der Maisanteil in der Mash Bill zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, in der Regel aber wie beim Bourbon mindestens 51% beträgt.

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Wichtigster Unterschied dürfte sein, dass dieser Whiskey durch eine drei Meter dicke Holzkohleschicht filtriert wird, das so genannte Charcoal Mellowing. Auf weitere Details sei an dieser Stelle gar nicht eingegangen. Stattdessen widmen wir uns dem Destillat. Schon das Flaschendesign des Single Barrel macht ordentlich was her und ist im Grunde zeitlos.  In der Nase zeigt der Whiskey dieselben süßlichen Aromen, wie der Old No 7, nur wirkt der Tropfen schon hier deutlich feiner als sein gröberer Bruder. Auch beim Trinken und schwenken im Rachen erweist sich der Single Barrel als der angenehmere Zeitgenosse neben dem Massenprodukt. Da trifft die für Jack Daniel´s typische Popcorn-Süße auf eine angenehme und frische Würze. Natürlich ist da auch diese dezent medizinische Note, die man dem guten ollen Jack ganz gerne nachsagt, und auch die Eiche hat ihre Spuren im Geschmack des Single Barrel hinterlassen. Der Abgang ist lange, erst süßlich, dann ein wenig bitter, was aber nicht weiter stört. Wo mich der günstigere Gentlemen Jack bislang nicht wirklich überzeugen konnte, hat der Single Barrel am Ende dann doch bei mir einen Stein im Brett hinterlassen. Also gerne wieder und beim nächsten Mal vielleicht sogar noch ein wenig tiefer in die Tasche gegriffen und den Single Barrel 100 Proof erstanden. Berichterstattung folgt.

Während sich nun die Mächtigen der Welt alle Mühe geben, einen Handelskrieg in die Wege zu leiten, steht am Ende des heutigen Abends die essentielle Frage nach dem Ranking in der heutigen Verkostung. Keine einfache Sache. Eine richtige Enttäuschung war nicht dabei und dass sich der Four Roses Yellow Label nur schwerlich mit den exklusiveren Flaschen messen kann, liegt wohl auf der Hand. Auf Platz 1 landet definitiv der Knob Creek 9 Years. Dahinter folgt der Jacky und Platz drei teilen sich der Bulleit und der Jim Beam 12.