Die einzig wahren eisernen Ladies: die Iron Maidens sind wahrhaft kolossal
/18.11.2017
Colos-Saal Aschaffenburg
Wasted Years! The Trooper! Fear of the Dark! Wohlige Vertrautheit allenthalben: ein bekanntes Logo auf der Bühne. Eddie-Dekoration. Als Intro „Doctor Doctor“ von UFO, als Outro „Always Look on the Bright Side of Life“ von Monty Python. Nur dazwischen, da ist alles anders. Denn die zugegebenermaßen kleine Bühne stürmen nicht Dave, Bruce, Steve & Co, sondern Wanda, Kirsten, Courtney, Linda und Nikki. Die Rede ist natürlich von den Iron Maidens, the World's Only Female Tribute to Iron Maiden. Genau – der weltweit einzigen Maiden Coverband, die nur aus Damen besteht. Da musste unser Auslandskorrespondent Bernd Weigand natürlich mit dabei sein!
So pilgern wir voller Vorfreude in den schmucken Colos Saal zu Aschaffenburg und finden uns natürlich in Reihe eins direkt vor der Bühne ein, wie es sich gehört. Der Club ist proppenvoll, so gut wie ausverkauft. Wie auch die wenigen T-Shirts, die der Souvenir- und Andenken-Shop noch zu bieten hat, denn Aschaffenburg ist der letzte Termin einer ausgedehnten fünfwöchigen Europa-Tournee. Wir sind gespannt und wissen zugegebenermaßen nicht so recht, was uns gleich erwartet. Das ändert sich um kurz nach 20 Uhr, als mit besagtem „Doctor Doctor“ das Set beginnt, kurz darauf die Damen aus Los Angeles das Musikheft in die Hand nehmen und mit „Aces High“ vom Powerslave-Album gleich mal die Marschrichtung des heutigen Abends vorgeben: nur Maiden-Knaller, ein Klassiker nach dem anderen, wobei auch Material zum Zuge kommt, das die Originale gar nicht mehr oder maximal noch im Rahmen von themenbezogenen Tourneen spielen. Die Maidens, ganz locker flockig, hauen dagegen völlig ungehemmt einen Kracher nach dem anderen raus.
Der Maiden-Fundus ist da gottlob gewaltig, und so ist es auch nicht verwunderlich, dass nach „Aces High“ direkt „Two Minutes to Midnight“ folgt. Bis dahin haben die adretten und sehr bezaubernd anzuschauenden Damen längst das Publikum vereinnahmt, das sofort massiv bei der Sache ist und mindestens die Refrains eifrig und lautstark mitgröhlt. Maiden halt. Zieht immer und überall. Wo zwei Metalheads in ihrem Namen versammelt sind... Der Klassiker-Reigen geht munter weiter: die Maidens, die allesamt sympathisch rüberkommen, scheinen den Publikumsorkan zu goutieren und halten kräftig dagegen, sichtlich gut gelaunt und spielfreudig. „The Wicker Man“, „Wasted Years“. Und wann hört man schon einmal das Instrumental „Losfer Words“ live? Die Pause nutzt Shouterin Kirsten Rosenberg, um einen roten Militär-Kittel überzustreifen und anschließend "The Trooper" zu intonieren, was mit dem klein geratenen Union Jack, der dann gegen eine Deutschland-Flagge ausgetauscht wird, allerdings nicht einer durchaus unfreiwilligen Komik entbehrt.
Weitere Maiden Evergreens gefällig? „Flash of the Blade“, noch ein live selten gehörter "Powerslave"-Titel. „Can I play with Madness“, und dann noch eine Premiere beim letzten Tour Gig: „The Clansman“ vom "Virtual XI"-Album, als Bruce Dickinson absent war und vom glücklosen Blaze Bayley ersetzt wurde, kommt (wie auch von Rückkehrer Bruce himself dann auf der "Rock in Rio"-DVD zelebriert) bestens - auch zum Erstaunen der Maidens selbst – rüber, und auch der Über-Klassiker „The Number of the Beast“, den die Originale laut Holgi in schöner Regelmäßigkeit immer „verhaache“ [stimmt! immer der einzige schlechte Song im Set!!], verzückt die Menge. Dann natürlich „Fear of the Dark“. Hier ist dann stimmungstechnisch kein Unterschied mehr zu einem Iron Maiden-Gig erkennbar. Hinter uns bildet sich ein Moshpit, in dem sich die Meute austobt, und die Mädels um Bassistin Wanda Ortiz, die wie ihr „Alter Ego“ Steve Harris in kurzer Hose aufläuft, hüpfen, was das Zeug hält. Dann noch „Running Free“, dessen Refrain naturgemäß gemeinsam mit dem Publikum gegröhlt wird ,und jetzt ist erstmal Schluss.
Bis zur Zugabe, versteht sich. Hier warten die Maidens mit „Hallowed be thy Name“ auf, gefolgt vom abschließenden „Iron Maiden“, bei dem nicht nur ein lustiger, kleiner Eddie auf der Bühne auftaucht, sondern sich auch erneut der Moshpit hinter uns formt. Den Song unterbrechen die Damen, um dazwischen noch „Powerslave“ und „Run to the Hills“ anzuspielen, was das enorme Repertoire der Maidens unterstreicht. Dann hat der Abend doch leider schon ein Ende – ein, zwei Titel hätten wir gerne noch mitgenommen. Der Moshpit fällt zusammen, die Meute dünnt zu „Always look on the Bright Side...“ nur langsam aus. Schön war's, wir sind nächstes mal sicher wieder dabei. Bestimmt wieder in Reihe eins, denn hübscher als die Originale (die wir nächstes Jahr auf dem Königsplatz bestaunen wollen) sind die Maidens allemal.
Als Schwesterevent der Finest Spirits, die sich eine Woche zuvor an gleicher Stelle dem eher hochprozentigen Vergnügen widmete, präsentierte das „Internationale Festival der feinen Biere“ mit über 100 Ausstellern einen hervorragenden Überblick über die quicklebendige Brauerszene, in der sich kecke Neukreationen und vor allem der offenkundig omnipräsente Trend zum Craft Beer einträchtig mit den etablierten Namen versammelte und eben denen mehr als einmal die Show stahl.